Archive for Januar, 2012

Januar 28, 2012

8. Woche

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Secondary-School und Selbstjustiz

Obwohl Mwanza eine sehr große Stadt ist, gibt es überraschend wenige Sehenswürdigkeiten. Doch war dies nicht weiter störend,  da ich die letzte Woche eine leichte Magenverstimmung hatte und daher wenig unternehmenslustig war.
Ich bekam von den Schwestern ein Zimmer auf dem Gelände einer Boarding-School und erlebte am Tag meiner Ankunft die Eröffnungszeremonie einer Secondary-School.
Die zukünftigen Schülerinnen der Schule imitierten eine Art Militärshow und im Anschluss ging der Bischof von Mwanza durch die einzelnen Räume und weihte  Schule mit Weihwasser ein.
Da es die nächsten Tage nicht viel zu tun gab, nützte die Zeit um mich mit den Medizin-Studentinnen aus Finnland zu treffen, die ich schon in Bukoba getroffen hatte. Wir gingen in einem teuren „weißen“ Lokalen zu essen, da ich nichts sehnlicher Wünschte, als eine leckere Pizza zwischen die Zähne zu bekommen.

Ich machte zudem die Bekanntschaft von einer amerikanischen Lehrerin, Alice,  mit der ich gemeinsam Essen ging (Ich nützte wirklich jede Gelegenheit um was Gutes zu essen).
Sie erzählte mir, dass sie am Tag zuvor mit ihren Schülern einen Ausflug ins Schwimmbad gemacht hatte und als sie an einem Park in der Nähe des Flughafens vorbeifuhren, musste sie Selbstjustiz der grausamsten Art miterleben:
Eine Menschenmenge übergoss einen Mann mit Benzin um ihn anschließend am hellichten Tag zu verbrennen.
Zu Alices Entsetzen war dieses Vorgehen für die Kinder anscheinend nichts Neues und der Fahrer erklärte ihr das Geschehen.
Der Mann wurde des Diebstahls bezichtigt, und falls man ihn der Polizei übergeben wollte, müsse man eine Bestechungsgebühr zahlen. Der Menschenmenge war dies zu viel Bürokratie und man befürchtete, dass der Dieb vor seiner Verurteilung entwischen könne.

Memory-Book

Zurück in Bukoba konnte ich mich endlich mit den Schwestern zusammensetzen um die Umsetzung des Memory-Books zu besprechen.
Die Resonanz war erfreulicherweise sehr positiv!
Wer bin Ich ? Was ist mein Zuhause ? Dies sind die Fragen, mit denen sich AIDS-Waisen häufig auseinandersetzen müssen.
Das Memory-Book hilft den Kindern nicht nur sich an ihre Eltern zu erinnern, sondern sie erfahren, dass sie einst eine Familie hatten, die sie geliebt hat.

Die einfachste (und günstigste) Methode besteht darin, dass die Eltern ihren Kindern eine Art Buch schreiben, in dem sie Besonderheiten des Familienlebens, mit dem Kind verknüpfte Geschichten oder Lieder niederschreiben.
Zudem können in einer Box Gegenstände aufbewahrt werden, die die Kinder an ihr vergangenes Familienleben erinnern. Schon sehr einfache Dinge wie eine Kette oder ein Foto können Erinnerungen wach halten.

Wie bringt man das Memory-Book an den Mann ?

Es ist vorgesehen, dass die Schwestern ein Seminar abhalten, in dem sie erkrankte Eltern einladen, um sie über das Memory-Book zu informieren.
Sr. Gaudentia, die die Schreinerei leitet, hat den besten Kontakt zu den Village-Leaders und den Eltern und wir versuchen, ca. 20 Eltern in einem Seminar zu versammeln.

Doch die Schwestern haben auch Kinder in ihren Projekten, die schon beide Elternteile verloren haben und dieser Verlust ist für die Waisen natürlich ein Thema, über welches sie nur schwer reden können
Für diese Kinder haben werden wir ebenfalls ein Seminar abhalten, in dem wir sie darauf vorbereiten, sich mit diesem existentiellen Thema auseinandersetzen.
In einem zweiten Schritt sollen dann die Kinder ihr eigenes Memory-Book schreiben und es gegebenenfalls mit Bildern oder Zeichnungen ergänzen.

Dankeschön !

Ich möchte mich bei allen bedanken, die regelmäßig meinen Blog lesen um meine Arbeit und Erlebnisse mitzuverfolgen.
Der Blog hatte nun insgesamt über 1000 Aufrufe und ich freu mich, dass die Berichte auf so viel Anklang treffen!

 

Januar 21, 2012

7.Woche

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Afrikanische Bestattung

Am Mittwoch hat Sr. Drosta, die Vorsitzende des St. Maria Goreth Ordens einen Familienangehörigen verloren.
Ich durfte bei der Beerdigung dabei sein und das Procedere miterleben.
Der Gottesdienst der Bestattung wurde im Freien, bei dem Haus der Verstorbenen abgehalten. Wir saßen um den Sarg in einem Kreis auf dem Boden, während der Priester seine Predigt gehalten hat. Im Anschluss wurde der Sarg in ein ausgehobenes Loch direkt neben dem Haus niedergelassen und die Männer haben abwechselnd, vom Gesang der Frauen begleitet, das Loch zugeschüttet.
Im Anschluss schmückten die Frauen das Grab mit Blumen und die Trauergemeinschaft ging in das Haus des Verstorbenen um sich in Ruhe und Stille zu verabschieden.
Aus Respekt vor den Trauerden habe ich natürlich keine Fotos geschossen.

Besuch der zukünftigen Schreiner

Am nächsten Tag fuhr ich mit Sister Gaudentiana, die die Schreinerei leitet, in einige Dörfer um die Kinder in ihrem Zuhause zu besuchen.
Grundsätzlich kommen die Village-Leader zu den Schwestern, um sie über benachteiligte Kinder zu informieren. So werden nicht nur Voll-Waisen aufgenommen, sondern auch jene, die einen Elternteil verloren haben oder  sich anderweitig in eine schwierigen Lebenssituation befinden.

So besuchte ich Antidius, dem die Schwestern und seinem kleinen Bruder den Besuch der Grundschule ermöglichen. Obwohl für die Grundschule keine Schulgebühren anfallen, müssen natürlich Schuluniform und Schulhefte, Schreibutensilien etc. gekauft werden.
Anitdius lebt mit seinem Bruder und seiner Mutter in einem Haus, welches von World-Vision gestiftet wurde. Eine Organisation, die sich weltweit um benachteiligte Kinder kümmert und bei der ich selber mit einem Freund zusammen ein Kind unterstütze.

Im Anschluss besuchten wir Brovius Projectus, der seinen Vater vor einem Jahr an AIDS verlor. Seine Mutter ist ebenfalls infiziert und wie lange sie jetzt noch zu leben hat, hängt ganz von ihren finanziellen Mitteln ab, da es durchaus Medikamente gibt, die Lebenszeit verlängern. Zudem kommt es darauf an, ob sie genug Essen und Trinken zur Verfügung haben wird, um sich gesund zu ernähren.
Während des Besuchs hat sie sich jedoch nicht getraut, nach draußen zu kommen, da zurzeit die Polizei in den Dörfern von Haus zu Haus geht um die Schulgebühren für die Secondary-School einzusammeln. Diese beträgt  5000 Sh. (2,50€) IM JAHR. Doch sie kann den Betrag für ihren Sohn nicht aufbringen und fürchtet sich vor einer Strafgebühr von 1,20€ !

Mwanza

Freitag Abend um 9:00 verließ ich Bukoba in Richtung Mwanza mit der größten Schiff, das auf dem Viktoria-See unterwegs ist: Der Victoria-Ferry. Es ist ein wunderbar schönes altes, Schiff, dass noch aus der englischen Kolonialzeit stammt und somit schon über 50 Jahre auf dem Buckel hat. Das Schiff wurde 1959 in Glasgow, England gebaut, anschließend in über 1500 zerlegt und zum Viktoria-See verfrachtet, auf dem es noch bis heute fährt.

Das Schöne an Afrika ist, dass man hier überall 1. Klasse reisen kann, da mich die Überfahrt, welche die ganze Nacht über dauerte, nur 15€ kostete.
Die Kabine teilte ich mir mit einem afrikanischen Arzt, der auf Geschäftsreise war und mit dem ich im Bordrestaurant zusammen zu Abend gegessen habe.

Die Victoria fuhr relativ schnell und die Nacht wurde mit dem Fahrtwind sehr kalt. Ich wollte daher ungern mit den Mitreisenden der 3. Klasse tauschen, die nicht einmal Sitzplätze hatten und sich am Bug zusammenquetschten oder versuchten, sich zwischen der Bananenfracht vor dem beißenden Wind zu schützen.
Nach meinen Nachtspaziergängen war ich daher sehr froh, in einem richtigen Bett schlafen zu können und so ausgeschlafen am nächsten Morgen den wunderschönen Sonnenaufgang auf dem Schiff zu erleben.

Ich werde noch einige Tage in Mwanza bleiben um einige Sehenswürdigkeiten anzuschauen (allerdings gibt es hier anscheinend nicht so viele) und vor allem eine echte Pizzeria aufsuchen. Denn nach fast 2 Monaten Kochbananen mit Bohnen gibt es nichts, worauf ich mich mehr freuen könnte!